Donnerstag, 6. August 2015

Habe ich nun eine Polyneuropathie, die durch die Chemotherapie verursacht wurde ?

(Fortsetzung des Themas nach einem Vortrag von PD Dr. Helmar Lehmann, Uniklinik Köln)

In meinem letzten Blogbeitrag zum Thema Polyneuropathie hast Du erfahren wie diese entsteht und wie sie sich äußert.

Wenn Du nun ein Patient bist, der sich sorgt, ob er durch die Chemotherapie eine Nervenschädigung erlitten hat, kannst du das mit drei einfachen Fragen feststellen:

  1. Habe ich Taubheitsgefühle in den Füßen ?
  2. Habe ich Schmerzen in den Füßen ?
  3. Bemerke ich eine zunehmende Gangunsicherheit ?
Wenn Du eine oder mehrere Fragen positiv beantwortest, dann sollte man schauen, ob Du nicht gerade dabei bist, eine PNP (Polyneuropathie) zu entwickeln.

Etwa ein Drittel aller Patienten, die eine Chemotherapie erhalten, leidet unter einer PNP, aber nicht jedes neurologische Symptom kann man auf eine Neuropathie zurückführen.
Ausgeprägte Lähmungserscheinungen zusammen mit nur geringen Sensibilitätsstörungen z.B. sind eher keine PNP. Die häufigsten Formen der PNP betreffen die Nerven, sind also sensible Polyneuropathien.
Ausgeprägte Blasen- oder Mastdarmstörungen sind kein typisches Symptom einer PNP, Sehstörungen gehören auch nicht dazu.
Auch nicht einseitige Beschwerden oder Beschwerden, die erst Monate oder Jahre nach Ende der Chemotherapie auftreten.
Hier muss der Arzt besonders wachsam sein, ob andere Faktoren eine Rolle spielen.
Bei den genannten Beschwerden muss weiter untersucht werden und eine Metastasierung der Tumorerkrankung ausgeschlossen werden.

Welche Untersuchungen kann der Arzt durchführen, wenn der Verdacht nahe liegt, dass eine PNP vorliegen könnte ?

Eine vollständige Untersuchung beim Neurologen ist aufwändig und dauert ca. 45 Minuten. 
Es gibt aber auch drei einfache klinische Tests, mit denen man nach einer PNP schauen kann.
  1. Der Stimmgabel Test : eine Stimmgabel vibriert, wenn sie angeschlagen wird. Die Stimmgabel wird dem Patienten auf den Fußknöchel gesetzt und der Patient muss sagen, ob er die Vibration spürt und wie stark (auf einer Skala von 0 bis 8). So kann abgelesen werden, wie ausgeprägt das Vibrationsempfinden des Patienten ist. Dieser Versuch wird allerdings mit einer speziellen Stimmgabel gemacht, eine normale Stimmgabel eignet sich dafür nicht.
  2. Einer der frühesten klinischen Tests, die man machen kann ist der Muskel-eigen-reflex-test. Muskeleigenreflexe werden ja gerne von den Neurologen gemessen, das ist die Sache mit dem Hämmerchen. Es gibt mindestens zehn verschiedene Muskeleigenreflexe. Der wichtigste zur Beurteilung einer möglichen PNP ist der Achilles-Sehnen-Reflex, weil die PNP eben im Bereich der Füße anfängt. Bei einer PNP ist dieser Reflex auf beiden Seiten nicht mehr vorhanden.
  3. Der Romberg-Test ist ebenfalls ein einfach durchzuführender Test. Der Patient wird gebeten die Beine eng nebeneinander zu stellen und die Arme nach vorne zu nehmen. Dabei sollen die  Augen geschlossen werden. Normalerweise bleiben wir in dieser Haltung gerade stehen. Ein Patient mit einer durch Chemotherapie verursachten Polyneuropathie fängt jedoch an zu schwanken. Dies bezeichnet man als "Romberg-Versuch-unsicher". Da die sensiblen Nervenfasern betroffen sind, bekommt der Patient keine Information mehr, wie der Körper im Raum steht. Stell Dir vor, Du kannst deine Füße nicht mehr spüren. Du entwickelst eine Unsicherheit, wenn Du die Augen schließt.
Im Alltag steuern Betroffene dies alles mit den Augen und erhalten so die fehlenden Informationen über andere Sinneseindrücke. Sie geben an, dass es tagsüber gut klappt mit dem Gehen. In der Nacht hingegen, wenn sie z.B. auf die Toilette müssen, dann ist es ihnen total schwindelig und sie sind gangunsicher, weil sie z.B. nur ein kleines Licht anschalten. Dann haben sie, wie bereits erwähnt, keine Informationen darüber, wie sie im Raum stehen.

Demnächst mehr darüber, wie eine Neuropathie den weiteren Verlauf der Chemotherapie beeinflussen kann und was man gegen eine PNP tun kann. See you ! :)


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